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  John le Carré: Verräter wie wir
 
Verräter im Osten und Westen

Das neue Buch vom Bestsellerautor John le Carre wirkt schon bei der Aufmachung sehr solide und verspricht gute Unterhaltung.
Das goldene Cover sieht edel aus, das Papier ist dick und wirkt teuer, was den allgemeinen Eindruck von dem Buch noch mehr steigen lässt.
Inhaltlich ist der neue Roman von John le Carre eben ein Roman und kein Action-Krimi. Mann muss genau aufpassen, wer was sagt und wer was macht, um alle Stränge richtig zu zuordnen. Denn nur diejenigen, die aufmerksam der Geschichte folgen, können die Intrige letztendlich verstehen. Alle Kleinigkeiten und Untertöne spielen auch große Rollen im Plot. Das ist typisch für den Autor, genau so wie sein Stil, sarkastisch und detaillastig. Die Handlung entwickelt sich nicht rasant, wie man vielleicht von einem Spionage-Thriller erwarten kann. Dafür mangelt es nicht an Dialogen, inneren Zweifeln und Überlegungen, Verhörsberichten und Familienszenen.

Dima, einer der Hauptfiguren der russischen Mafia, Spezialist für Geldwäscherei, wird langsam in den höheren Kreisen des organisierten Verbrechens immer mehr unerwünscht. Es geht jetzt um sein Leben. Um seine Familie und sich selbst zu schützen, hofft er auf die Rettung im Westen. Er knüpft Kontakte zu einem englischen Urlauber-Pärchen und mit dessen Hilfe zu den Agenten in London. Sein ganzes kriminelles Wissen bietet er für die Möglichkeit friedlich in England leben zu können an. Der britische Geheimdienst freut sich darüber, aber er freut sich zu früh. So einfach lässt die Mafia seinen Feind nicht gehen. Und auch in England gibt es Leute, die kein Interesse daran haben, Dimas geheime Informationen lüften zu lassen. Die Intrige ist also mehrschichtig, viele Fäden ziehen sich dorthin, wo keiner sie erwartet…
Die Handlung wechselt ständig zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die Spannung wächst von Seite zu Seite. Das Ende kommt aber eher erwartet vor, ich zumindest hatte schon nach der Hälfte der Geschichte eine böse Ahnung, dass es genau so enden wird.

Wie alle seine „Auslands“-Romane, ist dieser auch gut von le Carre recherchiert, es gibt fast nichts auszusetzen. Das einzige, was mir negativ aufgefallen ist, ist dass der Autor „Dimas“ als Bezeichnung für die ganze Familie verwendet, was immerhin falsch ist, weil Dima nur ein Vorname ist und nach einem Vornamen (wenn auch des Oberhauptes) nennt man in Russland nie eine Familie. Allerdings stammt der Klappentext an dem Cover bestimmt nicht von dem Autor selber, mit der Erwähnung des Gulags, wo Dima sich angeblich an die Spitze der Mafia hochgearbeitet hat. Ist Gulag für den Schreiber dieses Textes der russische Knast im Allgemeinen? Gulag existierte seit 1960 nicht mehr, und in dieser Zeit hatte Dima bestimmt noch einen Schnuller in der Hand und kein schmutziges Geld zum Waschen. Nun ja, das sind nur Kleinigkeiten, die das Interesse am Buch nicht schmälern.
Der Roman regt zum Nachdenken an und ist empfehlenswert für alle, die in einem Spionage-Thriller nicht unbedingt nur Action sehen wollen.

Eckdaten:
  • Gebundene Ausgabe: 413 Seiten
  • Verlag: Ullstein Hc (27. Oktober 2010)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3550088337
  • ISBN-13: 978-3550088339
  • Originaltitel: Our Kind of Traitor
 
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