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  Wolfgang Schorlau: Die letzte Flucht: Denglers sechster Fall
 

Spannend, informativ, aktuell

Der sechste Fall führt den Stuttgarter Privatermittler, ehemalig Polizeibeamter Georg Dengler nach Berlin. Eigentlich wollte er den Fall nicht übernehmen und war fast überzeugt, dass Professor Dr. Voss, ein renommierter Arzt an der Charite, der an einer Vergewaltigung eines Mädchens und ihrem Mord beschuldigt wird, dieses Verbrechen begangen hat. Doch schon die ersten Schritte in der Ermittlung zeigen dem Privatdetektiv, dass die Sache viel komplizierter und mehrschichtiger ist. Es gibt viele Manipulationen, die den Verdacht an den Professor geschickt lenken. Dengler ermittelt in dem Fall und wird auch selber schnell zu einem Verdächtigen, muss sich sogar verstecken.

Die Handlung des Krimis zieht in zwei Strängen, die nicht so schnell zusammengeknüpft werden können. Das macht den Roman zu einer spannenden und informativen Lektüre, wo auch der Leser seine eigenen deduktiven Fähigkeiten trainieren kann. Die Hauptkommissarin Finn Kommareck kann sich mit dem Gedanken einer Zusammenarbeit mit dem Privatdetektiv Dengler nicht anfreunden und verdächtigt ihn von Anfang an, was ihm besondere Schwierigkeiten macht. Und die Hauptkommissarin hat ihre Gesundheitsprobleme, die mit der Weiterentwicklung des Plots zusammenhängen.

Dirk Assmuss, ein hochrangiger Mitarbeiter eines Pharmakonzerns, wird gekidnappt und muss seinem Entführer lange Vorträge halten, weil der sich sehr dafür interessiert, wie alles in dem Bereich funktioniert, mit den neusten Forschungen, gekauften Studienergebnissen, kontrollierten Ärzten, überteuerten Preisen für die Medikamente, unglaublich großen Profiten usw. Das hat auch seinen Sinn, wie es sich später herausstellt. Da der Szenenwechsel (zwischen Dengler und Assmuss) genug regulär erfolgt, gibt es hier gewisse zeitliche Verwirrung, was die verschiedenen Erzählstränge angeht.

Außerdem hat Schorlau, wie in allen seinen Werken, auch hier eine aktuelle reale Geschichte integriert, was sein Roman stellenweise mehr publizistisch als belletristisch erscheinen lässt. Diesmal erzählt er über den Widerstand gegen Stuttgart 21, an dem Denglers Sohn aktiv teilnimmt. Aus den früheren Fällen Denglers ist mir diese Vorliebe des Autors bekannt, gefällt mir aber nicht besonders, weil es, meiner Meinung nach, das Buch in solchen Stellen zu einem kurzlebigen Zeitungsartikel machen kann. Wenn auch zu einem im Moment hochaktuellen.

Das bei Schorlau obligatorische Nachwort „Finden und Erfinden“ macht einem ja fast schon Angst, da es noch mal bestätigt, dass die schockierenden Fakten über die korrumpierten Pharmakonzerne, die der Autor in seinem Buch verwendet, gar nicht aus den Fingern gesogen wurden. Der Autor hat den Mechanismus der Arzneimittelversorgung und die Probleme des Gesundheitswesens ganz klar dargestellt und das schwierige Thema gut recherchiert.

Das Buch liest sich schnell und trotz vieler spezifischer Informationen ziemlich leicht. Die Kapitel sind meistens kurz, die Sprache klar und deutlich, die Charaktere sehr lebendig. Das private Leben von Dengler wird auch ausführlich genug geschildert. Nur die Szenen mit den aufklärenden Gesprächen über die Machenschaften der Pharmaindustrie fand ich etwas zu trocken und in die Länge gezogen. Weil es aber das Hauptthema dieses politischen Thrillers ist, muss man die Seiten allerdings lesen, um die Hintergründe des Geschehens zu verstehen.

Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen. Ich kann es allen nachdenklichen Lesern weiterempfehlen, die sich bei Krimis nicht nur für die Action und Superhelden interessieren. Auf weitere Fälle Denglers bin ich gespannt.

 

Eckdaten:

  • Broschiert: 351 Seiten
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch; Auflage: 1., Auflage (15. September 2011)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3462042793
  • ISBN-13: 978-3462042795

Meine Bewertung: ****

 
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